Betreuung im Entsendemodell: Bitte nur mit A1-Bescheinigung

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Wer sich über eine Agentur eine ausländische Betreuungskraft vermitteln lässt, die nach Deutschland entsandt wird, sollte unbedingt prüfen, ob die A1-Bescheinigung vorliegt.
Mit der A1-Bescheinigung wird nachgewiesen, dass die Betreuungskraft in ihrem Heimatland sozialversichert ist.
Bild einer A1-Bescheinigung

Das Wichtigste in Kürze:

  • Wer sich über eine Agentur eine ausländische Betreuungskraft vermitteln lässt, die nach Deutschland entsandt wird, sollte unbedingt prüfen, ob die A1-Bescheinigung vorliegt.
  • Mit der A1-Bescheinigung wird nachgewiesen, dass die Betreuungskraft in ihrem Heimatland sozialversichert ist.
  • Ohne die A1-Bescheinigung bestehen für Verbraucher Risiken: Pflegebedürftigen bzw. Angehörigen drohen Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge ins deutsche Sozialversicherungssystem sowie eine Geldstrafe.
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Die Betreuung und Pflege im Privathaushalt durch ausländische Betreuungskräfte wird in Deutschland zum größten Teil im Rahmen einer EU-Entsendung erbracht. Wenn bei Ihnen zu Hause eine entsendete Betreuungskraft arbeitet, lassen Sie sich unbedingt ihre A1-Bescheinigung vorlegen. Dadurch vergewissern Sie sich, dass die Betreuungskraft in ihrem Heimatland sozialversichert ist, während sie bei Ihnen tätig ist.

Darstellung des Entsendemodells

Wissenswertes
Im Sozialversicherungsrecht gilt das Territorialprinzip. Ein Beschäftigter ist grundsätzlich in dem Land versichert, in dem er seiner Arbeit nachgeht. Daher sind alle Beschäftigten, die in Deutschland arbeiten, in Deutschland sozialversicherungspflichtig.

Ausnahmen von diesem Grundsatz gibt es zum Beispiel bei der EU-Entsendung. Darum handelt es sich, wenn ein Arbeitnehmer vorübergehend in einem anderen EU-Land tätig ist. Begibt sich also eine ausländische Betreuungskraft auf Weisung ihres Arbeitgebers (eines EU-ausländischen Unternehmens) von ihrem EU-Heimatland nach Deutschland, um hier vorübergehend ihre Beschäftigung auszuüben, wird sie nach Deutschland „entsandt“.

Bei einer Entsendung kann für die Arbeitnehmer die ausländische Sozialversicherung beibehalten werden. So lässt sich ein Wechsel zwischen Sozialversicherungssystemen verschiedener Staaten oder eine (doppelte) Versicherung in beiden Staaten vermeiden. Die ausländische Betreuungskraft muss also für die Zeit ihrer vorübergehenden Beschäftigung in Deutschland nicht in Deutschland sozialversichert sein. Für sie bleibt ihre EU-ausländische Sozialversicherung weiter bestehen.

A1-Bescheinigung: Was ist das?

Die sogenannte A1-Bescheinigung wird oft auch „Entsendebescheinigung“ genannt. Nach dem Wortlaut der ihr zugrundeliegenden EG-Verordnungen heißt sie „Bescheinigung über die Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit, die auf den/die Inhaber/in anzuwenden sind“, Verordnung (EG) Nr. 883/2004, Artikel 11 bis 16, und Verordnung (EG) Nr. 987/2009, Artikel 19.

Die A1-Bescheinigung ist ein amtliches Dokument, in dem bescheinigt wird, welches Sozialversicherungsrecht während einer Tätigkeit im Ausland infolge der Entsendung anwendbar ist. Mit ihr weist daher eine entsandte ausländische Betreuungskraft nach, dass sie dem Sozialversicherungssystem eines bestimmten EU-Mitgliedstaates angehört.

Das Dokument bestätigt, dass für sie die Sozialversicherungsbeiträge in ihrem EU-Heimatstaat und somit nicht in Deutschland fällig werden. Dadurch wird auch bescheinigt, dass sie bei Krankheit oder einem Arbeitsunfall Sozialversicherungsleistungen des anderen Landes, nämlich ihres EU-Entsendelandes, erhält.

Die A1-Bescheinigung gehört daher zu den Unterlagen, die bei einer etwaigen Prüfung der Beschäftigung, z.B. durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, immer verlangt wird.

Das Dokument wird von den zuständigen Behörden im Entsendestaat ausgestellt, gewöhnlich auf Antrag des ausländischen Entsendeunternehmers, also des Arbeitgebers der Betreuungskraft. Einen Antrag kann auch der Arbeitnehmer selbst stellen. Eine A1-Bescheinigung ist maximal 24 Monate gültig. Die Vordrucke sind in der Sprache des jeweiligen Entsendestaates verfasst. Eine deutsche Version des A1-Vordrucks können Sie hier ansehen.

A1-Bescheinigung ab dem ersten Tag der Arbeitsaufnahme fordern

Es ist wichtig, dass die Entsendebescheinigung am ersten Tag der Arbeitsaufnahme bei Ihnen vorliegt. Denn nur so können Sie sicher sein, dass und in welchem Land die Betreuungskraft tatsächlich sozialversichert ist. Die Sozialversicherungsstandards im Ausland können sich von denen in Deutschland allerdings stark unterscheiden.

Bei Kontrollen hilft nur A1-Bescheinigung

Die A1-Bescheinigung entlässt die ausländischen Entsendeunternehmen aus der Pflicht, in Deutschland Sozialversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer zu zahlen. Sie entfaltet eine absolute Bindungswirkung für die Kontrollbehörden in dem Staat, wo die Beschäftigung durch den Arbeitnehmer tatsächlich ausgeübt wird. Die Bindungswirkung gilt, solange die Bescheinigung vom ausstellenden EU-Mitgliedstaat (Heimatland des Beschäftigten) nicht widerrufen oder für ungültig erklärt wird.

Das bedeutet für Sie und Ihre ausländische Betreuungskraft: Werden Sie kontrolliert, können Sie durch Vorlage der A1-Bescheinigung nachweisen, dass in Ihrem Haushalt niemand unversichert arbeitet.

Wissenswertes: Prüfungen durch Zoll im Rahmen der Schwarzarbeitsbekämpfung
Der deutsche Zoll prüft im Rahmen der Schwarzarbeitsbekämpfung das Beschäftigungsverhältnis, wie es sich in Deutschland darstellt. Es prüft nicht die Rechtsmäßigkeit des Arbeitsverhältnisses der Betreuungskraft mit dem ausländischen Entsendeunternehmen. Hierzu ist er schlicht nicht befugt. Zumal ausländische Entsendeunternehmen nicht selten als Briefkastenfirmen organisiert sind und in der Praxis daher für die deutschen Kontrollbehörden (wie auch für Verbraucher selbst) schwer erreichbar sein können.

Die deutschen Vermittlungsagenturen werden von den Kontrollbehörden gar nicht belangt. Zwar haben sie in Deutschland ihren Sitz. Solange sie sich darauf beschränken, die Betreuungskräfte „nur“ zu vermitteln, gibt es aber auch hier kein Beschäftigungsverhältnis. Die Betreuungskraft erbringt ihre Dienstleistung nicht zugunsten der Vermittlungsagentur.

Das Risiko tragen die Verbraucher
Die Leistungen der ausländischen Betreuungskräfte in Deutschland kommen ausschließlich den betroffenen Haushalten zugute. Aus diesem Grund werden die betroffenen Verbraucher ungewollt zum faktischen Arbeitgeber der Betreuungskräfte und so auch für die Abgabe der Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich. Wenn diese nicht abgeführt werden, können Strafermittlungsverfahren eingeleitet und Geldstrafen verhängt werden.

Auch für die Betreuungskraft ist das Fehlen einer A1-Bescheinigung sehr problematisch: Sie ist weder bei Krankheit noch bei einem Arbeitsunfall abgesichert.

A1-Bescheinigung als Basis für die Seriosität der Angebote aus Osteuropa

Das Risiko der illegalen Beschäftigung bei fehlender A1-Bescheinigung gehen vor allem Sie als Verbraucher ein. Selbst dann, wenn Sie eine Vermittlungsagentur beauftragen und diese Ihnen verspricht, dass alles legal bzw. rechtmäßig abläuft. Als Vermittler des Arrangements sind die Vermittlungsagenturen gegenwärtig nicht einmal gesetzlich verpflichtet, Verbraucher über die A1-Bescheinigung zu informieren.

Von einer seriösen Vermittlungsagentur sollten Sie erwarten, dass sie keine ausländische Betreuungskraft ohne A1-Bescheinigung vermittelt und Sie gleich bei der ersten Kontaktaufnahme unaufgefordert über die Bedeutung des Dokuments aufklärt. In jedem Fall sollte die Vermittlungsagentur auf Ihre entsprechende Nachfrage positiv reagieren und die Bescheinigung nicht als belanglose Formalität darstellen.

Unseriöse Agenturen oder Entsendeunternehmen arbeiten häufig mit Tricks, um die Vorlage der A1-Bescheinigung zu umgehen. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über diese Tricks.

Wie können Sie sich schützen? Was tun bei einer fehlenden A1-Bescheinigung?

Sollten Sie sich entscheiden, eine Vermittlungsagentur zu beauftragen, die entsandte Betreuungskräfte vermittelt und einen Dienstleistungsvertrag mit einem Entsendeunternehmen abschließen, geben wir Ihnen folgende Tipps:

Vor Vertragsschluss: Fragen Sie die Vermittlungsagentur nach der A1-Bescheinigung
Sie sollten bereits beim ersten Kontakt mit einer Vermittlungsagentur fragen, ob die von ihr vermittelten Betreuungskräfte eine A1-Bescheinigung besitzen. Sollte dies verneint werden, schauen Sie sich nach einem anderen Vermittler um.

Bei Vertragsschluss: Vereinbaren Sie mit der deutschen Vermittlungsagentur und dem ausländischen Unternehmen schriftlich die Vorlage der A1-Bescheinigung
Vereinbaren Sie in Ihrem Vertrag mit der Vermittlungsagentur und dem ausländischen Entsendeunternehmen jeweils schriftlich, dass jede von ihr vermittelte bzw. entsandte Betreuungskraft eine gültige A1-Bescheinigung vorlegen muss.
Vereinbaren Sie in dem Vertrag mit der Vermittlungsagentur in Bezug auf die Vermittlungsgebühr und mit dem Entsendeunternehmen in Bezug auf sämtliche Kosten der Betreuung (Honorar oder auch Anreisekosten), dass Ihre Zahlung erst dann fällig wird, wenn die entsandte Betreuungskraft bei ihrer Ankunft eine gültige A1-Bescheinigung vorlegt.

Nach dem Vertragsschluss: Erkundigen Sie sich bei der Betreuungskraft 
Fragen Sie die Betreuungskraft, ob sie über eine A1-Bescheinigung verfügt oder ob sie vor ihrer Ankunft eine private Reisekrankenversicherung abgeschlossen hat bzw. abschließen musste.

Nach dem Vertragsschluss: Setzen Sie dem ausländischen Entsendeunternehmen eine Frist zur Vorlage der A1-Bescheinigung
Legt Ihnen die Betreuungskraft keine A1-Bescheinigung vor, kontaktieren Sie hierzu Ihren Vertragspartner im Ausland direkt per E-Mail, Fax, Post oder telefonisch. Fordern Sie das Entsendeunternehmen und die Betreuungskraft auf, Ihnen die A1-Bescheinigung sofort zu übermitteln, gern vorab per E-Mail. Setzen Sie ihnen zur Vorlage des Dokuments zusätzlich eine Frist (z.B. eine Woche).

Sollte innerhalb der Frist keine A1 Bescheinigung vorgelegt werden, prüfen Sie eine Kündigung des Vertrags. Unserer Ansicht nach haben Sie in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht. Denn ohne die Bescheinigung setzen Sie sich dem Vorwurf der Schwarzarbeit und der Gefahr der rückwirkenden Nachzahlung der Sozialversicherungsbeiträge für die Betreuungskraft aus.

Wird Ihnen die A1-Bescheinigung vorgelegt, prüfen Sie diese: Stimmen die dort angegebenen Daten der Betreuungskraft und ihres Arbeitgebers mit denen Ihrer Vertragspartner überein? Gibt es sonst offensichtliche Anzeichen für eine Manipulation bzw. Fälschung? Lehnen Sie das Dokument bei Ungereimtheiten unbedingt ab. Reklamieren Sie es – zur eigenen Absicherung – in Textform (per E-Mail, Fax oder Brief). Wenn das Dokument in Ordnung ist, machen Sie sich davon eine Kopie und bewahren Sie diese in Ihren Unterlagen zur Vorlage bei einer Prüfung sorgfältig auf.

Anmerkung der Redaktion: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen sollen explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden.

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz BMJV