Plötzlich pflegebedürftig: Was ist zu tun?

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Jeder Mensch kann im Alter, durch Unfall oder Krankheit auf Hilfe im Alltag angewiesen sein. Im Pflegefall ist viel zu klären und zu organisieren. Die Verbraucherzentrale gibt Tipps für die ersten Schritte.
Helfende Hände

Das Wichtigste in Kürze:

  • Erster Ansprechpartner ist Ihre Krankenkasse. Dort ist die Pflegekasse angesiedelt.
  • Pflegebedürftige haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine kostenlose Beratung.
  • Der Medizinische Dienst der Krankenkassen begutachtet den Pflegebedürftigen, die Entscheidung trifft jedoch die Pflegekasse.
  • Vom Pflegegeld bis zur Wohnungsanpassung gibt es zahlreiche Leistungen der Pflegeversicherung.
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Wer ist pflegebedürftig?

Bis Ende 2016 war bei der Definition der Pflegebedürftigkeit entscheidend, wie viel Hilfe jemand auf Dauer "in erheblichem oder höherem Maße" brauchte bei Körperpflege, Ernährung, Mobilität oder hauswirtschaftlicher Versorgung. Seit 1. Januar 2017 werden auch kognitive und psychische Beeinträchtigungen berücksichtigt. Entscheidend für eine Einstufung in die fünf neuen Pflegegrade ist nun:

  • wie gut sich jemand bei Körperpflege und Ernährung selbst versorgen kann,
  • wie jemand mit Krankheiten und deren Therapie zurechtkommt,
  • wie jemand seinen Alltag gestaltet,
  • wie sich jemand örtlich und zeitlich orientieren kann,
  • und wie mobil jemand ist.

An wen wende ich mich im Pflegefall?

Um Leistungen aus der Pflegeversicherung zu bekommen, muss man einen Antrag stellen bei der Pflegekasse, also bei der eigenen Krankenkasse. Es reicht ein formloser, schriftlicher Antrag. Das Datum ist wichtig, da die Pflegesätze bei einer Bewilligung rückwirkend gezahlt werden. Wer privat versichert ist stellt den Antrag bei seiner privaten Krankenversicherung.

Die Kranken- bzw. Pflegekasse beauftragt den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), den Pflegebedürftigen zu "begutachten" und entscheidet daraufhin über den Antrag.

Wer mit der Entscheidung nicht einverstanden ist, kann bei der Pflegekasse innerhalb von einem Monat schriftlich Widerspruch einreichen. Eine Begründung ist nötig, kann aber auch nachgereicht werden.

Verbraucher haben Anspruch auf eine kostenlose Pflegeberatung nicht nur beim Erstantrag, sondern auch bei weiteren Anträgen. Pflegeberater von Krankenkassen, Pflegestützpunkten vor Ort oder von Pflegediensten kommen auf Wunsch auch nach Hause.

Wer kann bei der Pflege helfen?

Jemanden zu pflegen, kann eine enorme Belastung sein - zeitlich, emotional und finanziell. Niemand muss das alleine schultern.

Zuerst sollte geklärt werden, ob Familienmitglieder, Freunde oder Nachbarn Aufgaben übernehmen können. Genaue Absprachen helfen dabei, Konflikte zu vermeiden. Zudem gibt es ehrenamtliche Hilfsangebote und professionelle Pflegedienste.

Unterstützung bei der Auswahl erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse, bei den Pflegestützpunkten vor Ort oder bei Selbsthilfegruppen. Ebenso können Fahrdienste oder Angebote für "Essen auf Rädern" den Pflegealltag erleichtern. Pflegende können außerdem kostenlos Pflegekurse besuchen. Die Pflegekassen sind gesetzlich verpflichtet, dies anzubieten.

Was zahlt die Pflegekasse?

Die Leistungen der Pflegekasse hängen vom Pflegegrad ab. Für die Pflege zu Hause gibt es zwei Varianten:

  • die Pflegesachleistung für den Einsatz eines Pflegedienstes
  • das geringere Pflegegeld, das direkt an pflegebedürftige Menschen ausgezahlt wird.

Zudem gibt es viele zusätzliche Leistungen, etwa für notwendige Wohnungsumbauten, für stationäre Kurzzeitpflege, für Verhinderungspflege (wenn der Pflegende krank oder verreist ist) oder für zusätzliche Betreuung (Entlastungsbetrag).

Welche Vollmachten sind nötig?

Den Antrag auf Pflegeleistung können Pflegebedürftige selbst stellen. Sind sie dazu nicht mehr in der Lage, brauchen Angehörige, auch Ehepartner oder Kinder, eine Vorsorgevollmacht. Mit dieser Vollmacht bevollmächtigt man eine oder mehrere Vertrauenspersonen, Entscheidungen zu treffen oder Verträge zu unterschreiben - etwa beim Abschluss eines Pflegevertrages oder beim Widerspruch gegen eine Pflegeeinstufung oder gegen einen abgelehnten Pflegeantrag.

Kann der Betroffene niemanden mehr bevollmächtigen oder steht keine Vertrauensperson für die Aufgabe zur Verfügung, muss ein gesetzlicher Betreuer bestellt werden.
 

 

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Anmerkung der Redaktion: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen sollen explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden.

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz BMJV